Als ich gebeten wurde, etwas über Stefan zu schreiben, war ich sofort angetan, merkte aber bald, dass das gar nicht so einfach ist.
Was für Eindrücke bleiben, was ist verblasst, was steht noch klar vor Augen?
Auf jeden Fall empfand ich zuerst ein großes Gefühl der
Dankbarkeit, einen Menschen wie Stefan gekannt haben zu
dürfen.
Ja ich bin dankbar dafür, dass ich ihn ein Stück seines
wenn auch nur kurzen Weges begleiten durfte und ihm
vielleicht auch ein wenig bei diesem Weg helfen konnte.
Aber was für einer war er denn, der
Stefan? Dass er ein guter Schüler war, von schneller
Auffassungsgabe, interessiert und auch konzentriert
(wenn er wollte), scheint mir eher zweitrangig.
Denn das sind andere Schüler auch.
Was mir an ihm auffiel, war sicherlich, dass Stefan ein
verlässlicher Freund für seine Freunde war, einer, mit
dem man Pferde stehlen konnte (und wohl auch sollte).
Auch war seine Neugierde bemerkenswert, ich meine diese
Neugierde, die junge Menschen in einer bestimmten Phase
ihres Alters packt., die Neugierde nach Dingen, die mit
dem Älterwerden zu tun haben.
Dazu gehören natürlich (und bei
Stefan war das nicht anders), das Ausprobieren, Testen,
die Grenzerfahrungen, aber auch Grenzüberschreitungen.
Da war es kein Wunder, dass wir beide schon mal
aneinander gerasselt sind. Aber trotzdem wusste ich bei
Stefan, dass ich ihm vertrauen konnte.
Nach einer kleinen Krise Mitte der achten Klasse
erlebte ich ihn viel reifer. Selbstbewusst war er ja
schon immer, aber nun schien er in weitaus größerem
Maße auch Selbstverantwortung zu übernehmen. Das war
toll.
Bei unserer Klassenfahrt an den Niedersonthofener See zeigte sich dann, dass hier jemand, war auf den man sich hundertprozentig verlassen konnte, der aber durchaus seinen eigenen Kopf hatte und keineswegs angepasst war.
Stefan war eine Persönlichkeit. Das
zu sehen, hat mir viel Spaß gemacht.
Als ich die Schule 2003 verließ, wusste ich, dass er
seinen Weg gehen würde. Aber nun ist es anders
gekommen. Zweimal haben wir uns danach noch gesehen,
das letzte Mal im Sommer 2004 bei einem Wandertag in
Tübingen.
Leider hatte ich damals kaum Gelegenheit, mit Stefan
länger zu reden.
Stefan, gerne hätte ich noch gehört
und gesehen, wie Du Deinen viel versprechenden Weg
fortgesetzt hättest.
Aber eine üble Laune des Schicksals, das wir alle nicht
in der Hand haben, hat Dich uns entrissen.
Wir hätten noch gerne mehr Freude an Dir gehabt.
Steffen Ohin
Herr Ohin unterrichtet die Fächer Latein und Religion. Er war bis zum Jahr 2003 Lehrer am Mörike-Gymnasium. Dann kehrte er dem Schwabenland den Rücken - es zog ihn wieder in seine alte Heimat zurück. Während dem 7. und 8. Schuljahr war er Stefans Klassenlehrer.